Finn GmbH Mietwagen Windschutzscheibe Steinschlag Schadensersatzanspruch

AG München: Unberechtigte Forderung der FINN GmbH nach Steinschlagschaden in der Windschutzscheibe eines Mietwagens

Die FINN GmbH vermietet PKW für längere Zeiträume und ist ein Zwischenprodukt in der Lücke zwischen klassischen Mietwagen und einem Leasingfahrzeug.

In den Vertragsbedingungen heißt es zu Schäden am Fahrzeug:

„Der Kunde haftet bei Fahrzeugschäden, Fahrzeugverlust und Mietvertragsverletzungen nach den allgemeinen
gesetzlichen Bestimmungen.“

Ziff. 13.1 der hier einbezogenen AGB der FINN GmbH

Im Rahmen geschlossener Verträge setzt § 280 Abs. 1 BGB eine Pflichtverletzung und (vermutetes) Verschulden, also ein mindestens fahrlässiges Verhalten voraus.

In einem von mir betreuten Fall verlangte die FINN GmbH für eine durch einen Steinschlag beschädigte Windschutzscheibe 500,00 € und belastete die Kreditkarte meines Mandanten mit diesem Betrag. Mein Mandant wies das Unternehmen darauf hin, dass er den Schaden nicht durch eine (schon gar nicht schuldhafte) Pflichtverletzung verursacht habe. Gleichwohl teilte die von der FINN GmbH beauftragte Kanzlei Herzog & Holtz aus Hamburg mit, dass keine Erstattung erfolgen werde, da die Forderung berechtigt sei.

Klage vor dem AG München

Ich habe meinem Mandanten – wie stets bei unberechtigten Forderungen – daraufhin nach erfolgloser außergerichtlicher Aufforderung zur Erhebung einer Klage gegen die FINN GmbH geraten. Diese hatte, wie üblich in vergleichbaren Fällen, Erfolg.

Das Gericht führt aus:

„Die Beklagten hat keinen Schadensersatzanspruch gemäß § 535, 280 Abs. 1 BGB aus dem Mietverhältnis über den Tesla gegen den Kläger, da der eingetretene Schaden nicht durch den Kläger zu vertreten ist. Die Reparatur war unstreitig aufgrund eines Steinschlags erforderlich. Zu derartigen Schäden kommt es häufig, ohne dass diese vom Fahrer zunächst überhaupt bemerkt würden, durch Aufschleudern kleinster Steinchen auf der Fahrbahn. Diese sind gerade auf der Autobahn regelmäßig zuvor nicht erkennbar, so dass der Fahrer derartige Schäden nicht vermeiden kann. Der Mieter kann daher das Risiko derartiger Schäden daher ebenso wenig beherrschen wie der Vermieter (so auch: AG Aschaffenburg, Urteil vom 28.04.2008 – 16 C 1891/03, juris Rn. 28). Das Risiko eines Steinschlags stellt daher ein nicht beherrschbares Risiko und ein unabwendbares Ereignis dar. Ein Schadensersatzanspruch besteht auch nicht aufgrund der Regelung in der als Anlage K1.2 vorgelegten Bestellübersicht der Beklagten, welche wie folgt lautet: „Selbstbehalt pro Teil- und Vollkaskoschadensfall 500 €“.

Eine derartige verschuldensunabhängige Regelung weicht vom mietrechtlichen Grundsatz des § 538 BGB ab. Eine Abbedingung dieser Vorschrift ist grundsätzlich möglich (vgl. Urteil des BGH vom 10.07.2002 – XII ZR 107/99). Eine Regelung einer verschuldensunabhängigen Haftung innerhalb der einseitig gestellten allgemeinen Geschäftsbedingungen führt allerdings ohne Vereinbarung eines Nachteilsausgleichs für den Mieter oder sonstige entgegenstehenden höherrangige Interessen des Vermieters zu einer Unwirksamkeit der Klausel nach § 307 Abs. 1 BGB (vgl. BGH, NJW 1992, 3158, 3159; AG Aschaffenburg, Urteil vom 28.04.2008 – 16 C 1891/03, juris Rn. 26). Interessen dieser Art wurden von der Beklagten nicht vorgetragen; auch ein besonderer Nachteilsausgleich zugunsten des Klägers ist nicht ersichtlich.

Ein Rechtsgrund für die Kreditkarteneinziehung ergibt sich weiterhin mangels Verschulden des Klägers auch nicht aus § 823 Abs. 1 BGB.“

AG München, Urt. v. 29.04.2024, 231 C 10607/24

Kurz: Ohne Pflichtverletzung bekommt der Vermieter kein Geld, unabhängig von der Regelung in seinen AGB. Neben der Erstattung der unberechtigt eingezogenen 500,00 € samt Zinsen, muss Finn nun auch Anwalts- und Gerichtskosten von in Summe fast 500,00 € tragen. Vermutlich werden sich aber nur wenige Mieter gegen unberechtigte Forderungen wehren, sodass sich dieses Geschäftsmodell dennoch lohnt.

Fazit

Viele Schadenfälle im Rahmen von (Langzeit-)Mietverhältnissen führen nicht zu einem Anspruch gegen Mieter. Vielmehr handelt es sich um das vom Vermieter der Mietsache zu tragenden allgemeinen Risiko der üblichen Verwendung. Werden auch Sie mit einer Schadensersatzforderung nach einer innerdeutschen Anmietung konfrontiert, stehe ich gerne im Rahmen einer kostenlosen Erstberatung zur Verfügung.

AG München, Urt. v. 29.04.2024, 231 C 10607/24 hier im Volltext

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